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Weniger Integrationskurse, dafür mehr Alphabetisierung bei der Volkshochschule

Das Bildungsniveau hat sich geändert

Deutlich zurückgegangen ist seit Jahresanfang die Zahl der Geflüchteten in Deutschland. Das macht sich auch vor Ort in Schramberg bemerkbar. Der Andrang bei den Integrationskursen ist nicht mehr ganz so stark, berichten die Leiterin der Volkshochschule (VHS) Claudia Schmid und die Sprachenbeauftragte Sonia Burkard. Aktuell zählt die VHS 94 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesen Kursen.

Schramberg. „Der Druck hat etwas nachgelassen“, stellt Burkard fest. Aus der Ukraine kämen weniger Geflüchtete, die die Kurse bräuchten. Allerdings steige die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an „Alphabetisierungskursen“. Das sei auch für die Dozentinnen eine Herausforderung, so Schmid.

Dabei sei es falsch, anzunehmen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer generell nicht lesen und schreiben könnten. Das könnten etliche sehr wohl, allerdings eben mit arabischen, kyrillischen oder anderen Schriftzeichen, nicht in der lateinischen Schrift wie bei uns.

Eine weitere Kursart nennt sich „Kurse für gering Literalisierte“. Hier geht es langsamer voran, damit sich die Menschen auch mit dem Lesen und Schreiben zurechtfinden.

Sonia Burkard ist die Sprachenbeauftragte bei der VHS-Schramberg. Foto: him

Oft fast keine Schulbildung

Das betreffe insbesondere Menschen aus Afghanistan, Syrien oder Osteuropa. Aber auch Geflüchtete aus Ghana, der Türkei und Rumänien seien nun häufiger in den Integrationskursen anzutreffen, so Burkard. Schmid hat beobachtet, dass diejenigen, die heute kommen, oft weniger Schulbildung haben als vor einigen Jahren.

Leute aus EU-Staaten wie Bulgarien und Rumänien können in Deutschland zwar ohne Weiteres arbeiten. Wenn sie aber beim Jobcenter Bürgergeld beantragen, dann bekommen sie die Auflage, die Integrationskurse zu besuchen, erläutert Schmid. „Das Jobcenter kontrolliert das auch.“ Ziel sei es eben, die Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen. Dafür sei die Sprache oft Voraussetzung.

Nicht nur in Schramberg, sondern auch in Rottweil oder Tuttlingen hätten die Integrationskurse einen umfangreichen Anteil an der Arbeit der VHS.

Kursabschlüsse

Wer in einem qualifizierten Beruf Fuß fassen will, braucht mindestens das Sprachniveau B1. In diesem Jahr haben knapp die Hälfte der insgesamt 75 Teilnehmenden am Deutsch-Test für Zuwanderer (DTZ) das geschafft. Die meisten anderen schafften immerhin Niveau A2.

Grafik: Stadt

Burkard hat festgestellt, dass in den Anfangsjahren bis etwa 2017 noch deutlich mehr Prüflinge das B1-Niveau erreicht haben. Lange Jahre lag Schramberg über dem Bundesdurchschnitt, in den letzten Jahren etwas darunter. „Immer mehr Menschen kommen mit sehr unterschiedlichen Bildungsbiografien und Sprachkenntnissen in die Kurse“, erläutert sie.

Viele Menschen kämen zur Volkshochschule, die bisher kaum eine Schulbildung genossen haben. Darunter seiend auch Personen, die schon länger in Deutschland leben, aber bisher kein passendes Bildungsangebot erhalten hatten. Deshalb steige die Nachfrage nach Alphabetisierungskursen, so Schmid.

Teilnehmerinnen aus einem Dutzend Herkunftsländern

Eine weitere Herausforderung für die Dozentinnen ist die Vielzahl der Herkunftsländer. Mit knapp 30 Prozent stellen Ukrainerinnen und Ukrainer die mit Abstand größte Gruppe, gefolgt von Personen aus Syrien mit zehn Prozent. Aus Guinea kommen acht Prozent, aus der Türkei sieben Prozent. Weitere Herkunftsländer sind Rumänien, Russland, Kosovo, Kamerun, Irak, Pakistan, Polen und Thailand.

Um sich diesen veränderten Bedingungen anzupassen, plant die VHS drei neue Kurse: Einen allgemeinen Integrationskurs, einen neuen Alphabetisierungskurs sowie je nach Teilnehmerlage entweder einen Kurs für gering literalisierte Personen oder einen weiteren Alphabetisierungskurs.

Finanzierung schleppend

Finanziert werden die Kurse vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF).Da das Bundesamt aber ebenfalls Haushaltsprobleme hat, werden die Kurse von der VHS vorfinanziert. „Das BaMF rationiert die Auszahlungen“, bedauert Schmid. „Wir gehen dann in Vorleistung und erhalten möglicherweise erst im nächsten Jahr die Gelder.“

Im Jahr 2024 habe das dazu geführt, dass die VHS einen deutlichen Verlust am Jahresende zu beklagen hatte. Den hatte das BaMF in diesem Jahr zwar ausgeglichen. Aber nun stimmen in diesem Jahr die Zahlen nicht, wie Schmid im Verwaltungsausschuss berichtet hatte.

Teilnehmerinnen aus einem der ersten Integrationskurse im Dezember 2011. Archivfoto: pm

Info: Die Volkshochschule Schramberg beschäftigt aktuell fünf festangestellte, qualifizierte Lehrkräfte für die Integrationskurse. Diese unterrichten derzeit insgesamt sieben parallellaufende Kurse. Dabei handelt es sich um fünf allgemeine Integrationskurse, einen Alphabetisierungskurs sowie einen sogenannten Zweitschriftlernerkurs.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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